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mm_ebooks_05_2017

SR. YVONNE CLEMENCE BAMBARA: „Auch wenn die Familie arm ist und Geld braucht - Frauen und Mädchen dürfen keine Handelsware sein.“ wollte sie sogar bis nach Europa? In Bur- kina Faso blieb sie - und kämpft heute um ein gutes Leben. „Wir haben ihr einen kleinen Kredit gegeben,“ sagt Schwester Yvonne. Damit konnte Mary K. ihren Getränkestand öff- nen. „Ich verkaufe Cola und Tee,“ sagt sie. Neben ihr glüht ein kleiner Ofen mit Holzkohle, das Wasser dampft aus der blechernen Kanne. Heute hat sich nur ein müder Kunde zu ihr verirrt. Er sitzt auf einem Barhocker und nippt an einem undefinierbaren Getränk. Auch Schnaps und Likör gehören zum Angebot. Schwester Yvonne sieht das ganz praktisch: Ein Anfang ist gemacht. In ih- rem Büro hat sie ein kariertes Buch, in dem sie genau auflistet, wer bei ihr und ihren Mitschwestern um Hilfe gesucht hat. Hinter Mary K.s Namen könnte sie einstweilen einen Haken setzen. Bevor sie dazu kommt, tritt ein junges Mädchen ins Büro. Schüchtern fragt sie um Rat, die Schwester bittet sie, sich zu setzen und hört ihr zu. Lydia S. (Name geändert) ist gerade erst im Zentrum an- gekommen. Sie wurde von den Sozialbe- hörden geschickt. Auch in Burkina Faso gelten Menschenhandel und Zwangspro- stitution als Verbrechen, die Behörden müssen Täter finden und sich um die Opfer kümmern. „Das Gesetz ist die eine Ich schaffe es nicht allein: Die junge Aminata aus der Elfenbeinküste und ihr Baby. FRÜHER WAR DAS SO: Wenn es dunkel wurde, dann begann für Mary K. die Arbeit. Heute ist es genau umge- kehrt. Sobald sich die Nacht über Bur- kina Faso senkt, dann kann Mary K. Fei- erabend machen. Besser gesagt: Sie muss. Denn ihr kleiner Getränkestand am staubigen Straßenrand hat keinen Strom. Also gibt es auch kein Licht. Und im Dunkeln kommen keine Kunden. Das war früher ganz anders. Erst nach Sonnenuntergang erwachte ihr Ar- beitsplatz zum Leben. Denn damals ar- beitete Mary K. in einem Nachtklub. Als Prostituierte. Eigentlich kommt Mary K. aus Nigeria. Wie sie nach Burkina Faso gelangte, was sie alles tun musste, um ihren Körper zu verkaufen, darüber re- det sie heute nicht mehr gerne. Auch ihr richtiger Name soll hier nicht erschei- nen. Fest steht aber eines: Mary K. wollte aussteigen und ein neues Leben begin- nen. Schluss mit Ausbeutung und Er- niedrigung. Vorwärts in eine bessere Zu- kunft. Eine ganze Weile suchte sie nach Hilfe - und fand sie bei katholischen Or- densfrauen. „Oh ja, es kommen sehr vie - le Frauen zu uns, die einen Ausweg aus der Prostitution suchen,“ sagt Schwester Yvonne Clémence Bambara. Sie leitet das Zentrum der „Schwestern vom Guten Hirten“ in Bobo-Dioulasso. Die zweitgrößte Stadt von Burkina Faso ist ihre Heimat, sie weiß, dass Menschen- handel und die Ausbeutung von Frauen und Mädchen weit verbreitet ist. Sie wissen, was Gewalt, Missbrauch und Ausgrenzung bedeuten Mary K. wurde in Calabar geboren. Eine nigerianische Hafenstadt am Atlantik, nahe der Grenze zu Kamerun. Im 19. Jahrhundert war Calabar einer der größ- ten Umschlagplätze für Sklavenhändler. Sie schickten ihre Gefangenen auf Schif- fen übers Meer nach Nord- und Süd- amerika. Diese Zeiten mögen vorbei sein – doch das Schleusertum, der Handel mit Frauen und Männern hat wieder Hochkonjunktur. Jedenfalls schlug auch Mary K. den Weg in Richtung Norden ein. Vielleicht missio 5/2017 | 17

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