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mm_ebooks_03_2017

BLICKWECHSEL IRAK Kann der „Islamische Staat“ besiegt werden? Können die vielen Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak wieder in ihre Heimat zurückkehren? Und wird es je wieder ein sicheres Leben für die christliche Minderheit geben? Ignatius Aphrem und Emanuel Youkhana werben um Hilfe und Solidarität - zum Beispiel bei einer Podiumsdiskussion der Hanns-Seidel-Stiftung, die im Begleitprogramm der Münchner Sicherheitskonferenz stattfand. zehnte hatten Christen und Mus- lime als Nachbarn zusammenge- lebt. Doch nach den brutalen Übergriffen und Vertreibungen sei das Vertrauen untereinander verschwunden. Wahrscheinlich für immer. „Die einzige Zukunft für iraki- sche Christen liegt in Kurdistan,“ sagte Emanuel Youkhana bereits 2015 in einem Interview mit der Katholischen Nachrichtenagen- tur (KNA). Mehr als 120 000 Christen kamen seit 2014 aus der Ninive-Ebene in die irakischen Kurdengebiete um Erbil und Dohuk. Heute sind noch etwa 80 000 von ihnen dort. Andere sind nach Jordanien gegangen oder wurden von Ländern wie den USA und Australien aufge- nommen. Emanuel Youkhana lei- tet die Initiative „Christian Aid Program North Iraq“ („Christli- ches Hilfsprogramm für Nord- irak“ – CAPNI). Sie hilft vor allem außerhalb der großen Flüchtlingslager, in denen auch die Vereinten Nationen und andere große Organisationen tätig sind. In den umliegenden Dörfern betreibt sie Schulen und Kliniken. Diese Art von Hilfe ist für Emanuel Youkhan nicht neu. Er hat CAPNI schon vor mehr als zwanzig Jahren gegründet. Deshalb betont er: „Wir dürfen nicht so tun, als hätten wir früher immer in Frieden gelebt.“ Ob zu Zeiten der Diktatur von Saddam Hussein, oder während der Invasion durch die USA nach 2003, immer gab es Leid und Not für die einfachen Menschen. „DER IRAK HAT ALS STAAT KEINE ZUKUNFT“ Vor diesem Hintergrund betont Emanuel Youkhana: „Wir müssen endlich an die Wurzeln der Konflikte herangehen.“ Für ihn hat der Irak als einheitliches Staaatsgebilde keine Zukunft mehr. „Das war eine Zwangsehe,“ sagt Youkhana. Er rechnet mit einer Spaltung in einen kurdischen, einen schiitischen und ei- nen sunnitischen Teil. Und er hofft, dass das vielleicht den Frie- den bringen wird. A CHRISTIAN SELBHERR missio 3/2017 | 25 MAN MUSS DIE FRAGE andersherum stellen, sagt Ema- nuel Youkhana aus Dohuk im Nordirak. Nicht fragen, welche Zukunft es für Christen im Na- hen Osten noch gibt. Sondern: Welche Zukunft denn der Nahe Osten eigentlich hätte, wenn die Christen nicht mehr da wären? Schließlich seien Christen nicht einfach nur eine Minder- heit, die von anderswo einge- wandert wäre, nein: „Wir haben 2000 Jahre Siedlungsgeschichte hinter uns. Es ist auch unser Land!“ Zahlenmäßig mögen die verschiedenen christlichen Ge- meinschaften mit ihren unter- schiedlichen Riten zwar den sunnitischen und schiitischen Muslimen unterlegen sein, doch an ihrer Rolle in der Gesell- schaft ändert das nichts – zu- mindest, als es noch Frieden gab. „Die besten Schulen, die besten Krankenhäuser wurden alle von christlichen Organisa- tionen betrieben,“ betont Ema- nuel Youkhana. Nach Jahren der bewaffneten Konflikte in Irak und Syrien stellt sich für ihn die Frage: Was bleibt davon noch übrig? Ende Januar 2017 unternahm der assyrische Diakon eine Reise ins umkämpfte Mossul in der Ninive-Ebene. Im Schutz eines Militärkonvois kam er in die Stadt. Er besuchte die Rui- nen mehrerer zerstörter Kirchen. Emanuel Youkhana kletterte über eingestürzte Mauern, sprach mit Überlebenden. Und er kam zum eindeutigen Schluss: „Ich sehe für uns Christen keine Zukunft mehr in Mossul.“ Der „Islamische Staat“ hatte die Stadt 2014 eingenommen, Hunderttausende Menschen, ob Muslime, Christen oder Jesiden, mussten fliehen. Inzwischen scheint die Macht des „IS“ zu schwinden, aus vielen Teilen von Mossul ha- ben sich die islamistischen Kämpfer bereits zurückgezogen. Was zerstört worden sei, das könne man wieder aufbauen, sagt Emanuel Youkhana. Aber die Erinnerung an das, was gesche- hen ist, werde wohl nie mehr vergehen. Über Jahre und Jahr- Emanuel Youkhana (57) koordiniert Hilfsmaßnahmen im Nordirak

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