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mm_ebooks_04_2017

Mary Olero, 58, hört zu Hause Radio Pacis (l.). Solarzellen versorgen den Sender mit Strom (2.v.l.). Treffen der Programmmacher von Radio Pacis (2.v.r.); NUR ZÖGERLICH ERHEBT SICH die Frau. Sie nimmt das Mikrofon in die Hand. Einen Augenblick ist alles still. Dann beginnt sie mit ruhiger Stimme zu sprechen. Es stimmt, sagt sie, die Schule ist überfüllt und die Lehrmaterialien schlecht. Das entschuldige aber nicht, dass die Eltern sich überhaupt nicht mehr darum kümmerten, ob ihre Kinder noch zur Schule kämen. Und dass die Kinder stattdessen träge auf dem Dorf- platz säßen. Wo übrigens auch die Väter sitzen und trinken, fügt sie hinzu. Damit setzt sich die Mittdreißigerin wieder auf den weißen Plastikstuhl unter dem Schatten des ausladenden Baumes. Ein paar ältere Männer murren, ein paar Frauen blicken betreten zur Seite. Was hier diskutiert wird, wird später im Radio zu hören sein. Und damit in die vielen Dörfer Ugandas gelangen, wo die Probleme ganz ähnlich sind: Alkohol- sucht innerhalb der Dorfgemeinschaft ist eines der heiklen Themen, die heute of- fen angesprochen werden. Gleich da- nach muss sich ein Politiker, immerhin eine Lokalgröße, dafür rechtfertigen, dass dem Dorf vor der Regionalwahl eine bessere Straße versprochen wurde. Nun ist er gewählt worden, aber die Straße ist so löchrig wie eh und je. „Community voices“, also „Stimmen der Gemeinschaft“ heißt das Programm, mit dem Radio Pacis in die Dörfer geht. Das Reporterteam des vielfach preisge- krönten und sogar von der britischen BBC 2009 als bester Radiosender Afri- kas ausgezeichneten Radiosenders mit Hauptsitz in der nordugandischen Stadt Arua bringt damit Themen auf den Tisch, die den Leuten unter den Nägeln bren- nen. Und die Reporter bringen die Ver- antwortlichen gleich zusammen. „Dank Radio Pacis kommen unsere Politiker mit ihren leeren Versprechen schwerer da- von“, sagt Noel Ayikobuya, Programm- Manager von „Stimmen der Gemein- schaft“. Noel hat vor drei Jahren das Aus- wahlverfahren von Radio Pacis bestan- den, sein journalistisches Training bei dem katholischen Sender absolviert, war dort Musikredakteur und ist seit Anfang des Jahres in der neuen Position. „Die Themen hier sind berührend“, sagt er, „und sie verändern die Gesellschaft.“ Das Radio berichtet über eine neue Manioksorte, die den Hunger abhält Zum Beispiel „Nasseh 14“. Mary Olero ist eine der Frauen, die auf die neue Ma- nioksorte umgesattelt haben, weil sie auf Radio Pacis von deren Vorteilen gehört hatte. Maniok, oder Kassawa, wie die Leute die Nutzpflanze hier nennen, ist Grundnahrungsmittel. „Im Radio haben sie gesagt, dass man diese neue Sor te trocknet statt sie fermentieren zu lassen, wie wir das sonst machen“, erklärt sie. „Das erhält die Nährwerte und dauert nicht mehr drei Tage wie früher, sondern nur einen.“ Die fünffache Mutter und sechsfache Großmutter lächelt zufrie- den. „Wir haben hier gehungert. Jetzt es- sen die Kinder, bevor sie sich auf den Schulweg machen, und wenn sie heim- kommen, gibt es wieder zu essen.“ Sich satt essen zu können oder nicht, ist eine tägliche Sorge. Nur wenige hier 16 | missio 4/2017 „Wir gehen in die

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