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mm_ebooks_04_2017

BLICKWECHSEL ÄGYPTEN Zur „aktuellen Lage der Christen in Ägypten“ diskutierten Bischof Kyrillos William aus dem oberägyptischen Assiut und Bundestagsabgeordneter Alexander Radwan in der Hanns-Seidel- Stiftung. Das war vor den beiden Anschlägen vom Palmsonntag und Christi Himmelfahrt und dem Besuch von Papst Franziskus. Eine Bestandsaufnahme – danach. „OB EIN DIALOG mit dem Islam möglich ist? Nein, das ist er nicht. Und ja, das ist er. Warten Sie, ich erkläre das“, sagt Bischof Kyrillos William. Der koptisch-katholische Bischof aus dem oberägyptischen Assiut fasst das, was er zu sagen hat, in gutes Deutsch. Nur hat der langjährige Freund und Partner von missio München schon hoffnungsvoller geklungen als an diesem Tag in der Hanns-Seidel-Stiftung, wo es um die Lage der Christen in sei- ner Heimat Ägypten geht: „Wir Christen sind Bürger zweiter Klasse, und das seit Jahrzehn- ten“, sagt er. Christen in Ägypten würden diskriminiert. Theore- tisch hätten sie Zugang zu allen Ämtern und Posten. Nicht je- doch in der Realität – hohe Posi- tionen in Politik, Wirtschaft oder Lehre würden in den seltensten Fällen mit Christen besetzt. Das ziehe nach sich, dass gut ausge- bildete Frauen und Männer oft- mals das Land verließen, da sich woanders bessere Chancen böten. „Und was den Dialog mit dem Islam betrifft: Auf theologischer Ebene ist er kaum mög- lich. Aber ein Dialog des Lebens – der ist möglich und er exis - tiert auch.“ Mit dem „Dialog des Lebens“ meint der Bischof das tägliche Miteinander zwischen Christen und Muslimen: ge- genseitige Einladungen zu religiösen Festen, die tägliche, gute Nachbarschaft. 1400 Jahre lang hätten Kopten, also ägyptische Christen, mit ihren muslimischen Mitbürgern in Frieden gelebt, betont der Bischof. Dies müsse erhalten bleiben. Je nach Statistik gibt es zwischen sechs und 20 Millio- nen Christen in Ägypten, koptisch-katholisch sind davon nur 200 000 Menschen. Dennoch hat gerade auch die katholische Kirche im Land am Nil ihren festen Platz und ihre Bedeutung: Katholische Schulen sind für ihr hohes Niveau geschätzt und werden von der muslimischen Bevölkerung gerne besucht. Die meis ten kirchlich getragenen Schulen unterrichten sogar 90 Prozent muslimische Kinder und nur zehn Prozent Kinder Bischof Kyrillos William: „Ein Dialog des Lebens ist mit dem Islam möglich“ christlichen Glaubens. Was wie- derum Auswirkungen auf die Gesellschaft hat: Muslime in höheren Positionen in Politik und Verwaltung haben das Schul- system zu schätzen gelernt – und wissen daher auch, dass nicht wahr sein kann, was in be- stimmten Moscheen in Hass - predigten ge gen Christen zu hö- ren ist. Ein großes Manko aber seien, so Bischof Kyrillos, schon die Schulbücher. Sie stellten Christen oft negativ dar und förderten Vorurteile. Mit Präsident al-Sisi ist in den Augen des Bischofs von Assiut allerdings ein mutiger Mann an die Macht gekommen, der das friedliche Miteinander fördert. „Unser Präsident hat öffentlich gesagt, dass wir alle, egal ob Christen oder Muslime, Ägypter sind. Und er hat das in einer Kirche gesagt. Das war mutig und wichtig für uns “, be- tont Bischof Kyrillos. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, soll- te man meinen. Nicht aber in Ägypten. „Es gibt viele, die es mit Argwohn sehen, dass er den Christen die Hand reicht.“ Wie Hass und Intoleranz in Gewalt umschlagen können, zeigten dann auch die blutigen Anschläge am Palmsonntag und EINZIG ERL AUBTER EXTREMISMUS: NÄCHSTENLIEBE am Tag nach Christi Himmelfahrt. Der einzige erlaubte Extre- mis mus für Gläubige sei die Nächs tenliebe, sagte dann auch Papst Franziskus bei seinem Besuch in Ägypten. Predigen musste Papst Franziskus in einem Stadion, wäh- rend Militärflugzeuge über ihn hinwegflogen und seine Worte teils verschluckten. Die Präsenz von Soldaten und Sicher- heitskräften war enorm, um einen möglichen Anschlag zu ver- hindern. „Für uns Christen war der Besuch des Heiligen Vaters eine große Ermutigung“, sagt Bischof Kyrillos. „Als wir Bi- schöfe ihm unsere Einladung überbrachten, hatten wir kaum zu hoffen gewagt, dass er wirklich kommt.“ A BARBARA BRUSTLEIN missio 4/2017 | 25

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